Eine Leerstelle ist manchmal etwas Großartiges. Sie kann Kunst sein oder postmoderne Notwendigkeit - oder beides. Meine Band ist so eine Leerstelle im Derrida'schen Sinne: Wir proben nie, wir treten nie auf, eigentlich gibt es uns gar nicht. Und es gibt aber auch Leerstellen, die schmerzhaft sind, die wehtun und gefüllt werden müssen. OMA HANS haben so eine hinterlassen, eine Wunde, wie sie bisher jede dahingeschiedene Jensen-Band in die deutsche Punklandschaft gerissen hat. Und wie bei jeder Band können wir es kaum erwarten, bis er sich mit seinem nächsten Projekt zurückmeldet, denn die Jensen-Adepten DUESENSTAAT und SCHNELLER AUTOS D. OHNE SCHNUPFTABAK sind einfach noch nicht so weit - und werden mit dieser Platte auch locker auf die Plätze verwiesen. Zwar ist "Jamaica" schon die dritte Platte des Projekts KOMMANDO SONNE-NMILCH, das genau genommen schon vor OMA HANS existierte, aber bisher wurde die Band eher als verschrobenes Kunstkram-Projekt wahrgenommen (immerhin hat Brezel Göring auf der ersten elektronisch rumgeschraubt) und hat sich erst mit diesem Meisterwerk daran gemacht, in die Fußstapfen von OMA HANS zu treten. Wen wundert's, ist doch die Besetzung denkbar ähnlich: Andreas ist sowieso bei jeder Jensen-Band seit BLUMEN ... dabei, Ronnie hat nicht nur die letzten Platten, sondern auch die "Seuchenprinz"-Hörspiele produziert, Stephan war nicht nur bei SLIME und ANGESCHISSEN, sondern hat auch Armin auf "Peggy" vertreten, und Yvon hat bereits auf der zweiten und großartigen Platte "Der Specht baut keine Häuser mehr" viel gesungen. Leider singt sie auf "Jamaica" viel zu wenig. Und nachdem ich auch die Enttäuschung verkraftet habe, dass KOMMANDO SONNE-NMILCH ohne Thomas Wenzel wesentlich straighteren Punk runterdreschen, der wirklich nahtlos an "Peggy" anschließt und die experimentelle Seite leider beinahe außen vor lässt, muss ich gestehen: Ich hab die Platte jetzt schon so oft gehört, wie früher nur DACKELBLUT-Alben, sie muss einfach eine, wenn nicht die Platte des Jahres sein! Kein Mensch, der bessere und witzigere Texte über das Scheitern und die Verzweiflung schreibt als Jens, ohne Emo, ohne Pathos und ohne Parolen, und keine Band, die dichteren Punkrock spielt, der so auf den Punkt und voll auf die Zwölf gespielt ist. Unnötig zu sagen, dass die Aufmachung großartig ist, wie immer. Der König ist tot, es lebe der König! (36:46) (10 Punkte)

Der gegenwärtige Zustand des Mosaiks aus öffentlichen Meinungen, das sich als Grabstein der Popkultur aus Abgesängen an geschärftes Theoriebewusstsein und dem Vorwurf des Realitätsverlustes an alle künstlerisch und kritisch Beteiligten zusammensetzt, ist kein Bild, das zum Verweilen einlädt. Seine Vibes machen unruhig, lassen zappeln. Nur wohin soll man, wenn nicht mit dem Kopf unter die Decke oder durch die Wand? Wie Jens Rachut, der auf dem Kölner Gig der finalen Oma-Hans-Tour mit den Armen ruderte und sowohl für als auch gegen etwas antrat, das man Masse oder Publikum nennt, möchte es auch der geneigte Rezipient halten. Das ist eben eine bewegende Geste: eine Haltung zum Nachahmen. Das OH-Album "Peggy" brannte wie eine Ladung Sambal Oelek in der offenen Wunde, und nach Omas Beerdigung erhält nun das Kommando Sonne-Nmilch, das noch auf "Der Specht baut keine Häuser mehr" als revuebunter Theaterklamauk auftrat, diese gehörige Portion Aggressivität - also besser nicht in die Augen reiben und von Kindern fernhalten! Schon der Titel "Jamaica" klingt wie ein höhnischer Verweis auf opportunistische Koalitionäre und Meinungsmacher, die bei aller Differenz und dem Glauben an verschiedene Farben an einem Strang ziehen.

Wo der Jäger vom Gejagten vor allem durch die Ausrüstung (Kleidung! Waffen!) zu unterscheiden ist, worauf das Cover anspielen könnte, darf man sich mit Kochen und Backen die Zeit vertreiben, um in Geschmacksfragen Zeichen zu setzen (Rezept für leckere Krapfen anbei). Aber kann man jetzt noch andere Krapfen backen oder bloß traditionell gute? Die Band untermauert Rachuts Zeilen mit einem vollen Brett, das mehr nach SST klingt als noch zu Omas Zeiten, was an Produzent Tobias Levin liegen mag.

Und richtig gut ist dann letztlich vor allem diese zerfetzte Direktheit der Texte, wie etwa in "Das Verhör": "Ihre Gesten und ihre Sprache + die Ziele, für die sie stehen / Erklären Sie's mir - sonst verlier ich den Verstand / Sei ehrlich Doc - zwei Wege gibt's / Mit viel Hoffnung vielleicht 3 / Und rein in die Soße will ich nicht / Nicken, Knicken, Arschrasur / Karriere Anfang - Klick - Hochzeitsbilder - Kinderhort - was soll das Doc / Was soll der ganze Mist?" Bei Rachut steht der Lebensentwurf, sagen wir mal: seine Abgrenzung vom verkehrten Leben, was man ihm gerne auch zugutehält (kein Ausverkauf!), andauernd auf der Probe. Aber auch andere haben sich zuletzt an die eigene Nase gepackt: Pascal Fuhlbrügge, The Oliver Twist, Die Goldenen Zitronen, Blumfeld, Britta, Die Sterne, um einige zu nennen, haben zwischen "Inner System Blus" und "Als ich der Versuchung widerstand" die Zwickmühle Kulturbetrieb reflektiert. "Wir scheißen auf den Stand der Dinge", befindet der KS-Chor im Absacker. All diese Haltungen zusammenzudenken könnte helfen, das Mosaik zu zertrümmern.

Behaarte, gefangen im Gehölz - Auf ihrem dritten Album versammeln die Hamburger Kommando Sonne-nmilch alte Hafenstraßen-Größen. Und behandeln Punk als klassische, ernste Musik.

Was für ein Bandname mal wieder: Kommando Sonne-nmilch, mit dem Bindestrich dezidiert da, wo er nicht hingehört. Bandnamen sind traditionell eine der Stärken des Hamburger Punk-Originals Jens Rachut aka Jensen. Seit Mitte der 80er musikalisch aktiv, hat er seinen bisherigen Projekten stets wundervolle Titel mitgegeben. Chronologisch geordnet waren das: Angeschissen, Blumen am Arsch der Hölle, Dackelblut, Oma Hans. Letztere gaben vor gut zwei Jahren ihr Abschiedskonzert.

Das Kommando Sonne-nmilch war dagegen zunächst als Rachuts nebenher laufendes, well, Elektronik-Projekt angelegt. Ende der 90er hatte so was eigentlich jeder. Auf dem ersten Kommando-Album musizierte er mit dem Berliner Brezel Göring - bekanntlich ein szenebeliebter Kollaborateur mit respektabler Vergangenheit, auch wenn seine Stammband Stereo Total ganz enorm nervt.

Schon auf der Nachfolger-LP "Der Specht baut keine Häuser mehr" von 2003 war von Göring keine Spur mehr und an seiner statt eine versatile Allstar-Combo aus Hamburger Schule und alten Hafenstraßen-Punks angetreten, die - etwas zusammengeschrumpft - auch auf dem neuen Album zuständig ist: "Stephan, Jensen, Andreas, Ronny, Yvon", wie es im Beiheft so schön heißt. Dahinter verbergen sich recht unterschiedliche Biografien: Stephan Mahler hat schon bei Slime und Angeschissen getrommelt, Gitarrist Andreas Ness war bei fast allen Rachut-Bands dabei. Die anderen sind SchauspielerInnen, SzenegängerInnen oder lungerten gerade am Proberaum rum.

"Jamaica" ist das dritte Album des Kommandos. Ob der Titel irgendeine Bedeutung hat, soll uns jetzt mal egal sein: Die Platte klingt weder nach Reggae noch nach seltsamen Koalitionen. Sie ist im Gegenteil Abkehr von allen vorangegangenen Experimenten und Rückkehr zu einem Punk- Klassizismus reinsten Wassers. Mit "Jamaica" nimmt Rachut den Faden von Oma Hans und den Vorgängern wieder auf: Er behandelt Punk als Klassik, als ernste Musik.

Jensen wird dieses Jahr 50; im Sex-Pistols-Jahr 1977 war er folglich 20. Als Musiker ein Spätberufener, dann aber ein kontinuierlicher Weitermacher. Sein Modell von "mit Punk erwachsen werden" kommt auf "Jamaica" allerdings ganz ohne Geräuschabstraktion und andere bewährte Jugendkultur-goes-Avantgarde-Moves aus. Und natürlich auch ohne pubertäre Pop-Punk-Peinlichkeiten, denn anders als die Bandnamen vermuten lassen, geht es Rachut nicht vorrangig um Witzigkeit. Diese selten gewordene goldene Mitte zwischen den Post-Punk-Fraktionen mit aller gebotenen Ernsthaftigkeit zu vertreten, als hätte es nie eine Spaltung gegeben - das ist die anrührende Qualität, die seine Musik ausmacht.

Wie das klingt: körnige Gitarrenriffs à la Crazy Horse, hektische Rhythmusgruppe, schlichte Songstrukturen, harmonisch meist in Moll. Ob man als grobe musikalische Koordinaten eher Post-Hardcore-/Indie-Faves wie Fugazi und Hüsker Dü oder liebenswürdige Traditions-Asis wie Social Distortion durchhört, ist letztlich egal. Markant ist Jensens seltsam kehlige Stimme, hie und da unterstützt durch hardcoretypische Backgroundchöre: Das gute "Wir" gegen das schlechte "Ihr" da draußen.

Frisch sind Rachuts Texte, die sich formal zwischen Kryptizismus und um so befremdlicher wirkender Überklarheit bewegen, inhaltlich zwischen allgemeinem Weltekel, brüsk abgebrochenem Intimitätsterror und gutem Entertainment. Im Opener "Die Holzfäller" scheint er seinen Szenestatus als Urviech zu thematisieren, spaßig auf die Bandkollegen projiziert: "Die sind kräftig, manchmal feige / Und haben kein Verstand / Sägen weg die Wälder / Und kriegen fast kein Geld / Wir üben in ihrer Hütte / Und gehen zusammen ins Bett / Hier war noch nie ne Frau / Behaart wie Humanoiden / Sie lassen mich nicht weg / Ich heiß Jensen und bin Gefangener im Gehölz."

"Schwan" kommt wie ein Pseudoliebeslied mit präventiver Frustrationserwartung daher, während "Der Beukelark" Häme, Verbitterung und Vereinsamung abfeiert - als Seelenstriptease, böse Satire auf alte Männer oder ironische Selbstverarsche, man weiß es nicht.

Eine zeitlose Verknüpfung von Jungmännerwut und Seniorenzipperlein gelingt Rachut in "Das Verhör": "Herr Doktor, ich weiß auch nicht / Es ist ne Art Belag / Erschwert mein ganzes Leben / Die Nerven liegen blank / Der Mensch an sich - der macht mir richtig Angst / Ihre Gesten, ihre Sprache / Die Ziele, für die sie stehen / Erklärn Sies mir - Sonst verlier ich den Verstand."

Bevor das aber passiert, schiebt Rachut sicher noch ein paar Bandgründungen vor. Denn auf diese Art kann er sich das Meiste sowieso selbst erklären.

Oma Hans ist Geschichte. Verstorben 2006, entstand aus ihr neues Leben: Kommando Sonne-nmilch. Klar gabs die schon vorher. Doch irgendwie scheint es, als würde das Kommando dort anknüpfen, wo Oma Hans die Bühne verlassen hat. Ziemlich schnörkellosen, aber dennoch sehr sexy Punkrock gibts auf "Jamaica" in dreizehnfacher Ausfertigung.

Die Band mit dem Bindestrich verweigert sich dabei jedem prätentiösen Gehabe, sondern kommt direkt zum Punkt. Ob es um Zeckenbisse an Holzfäller-Beinen geht oder um Pferde im Senat - Jens Rachut, Andreas Ness, Ronnie Kastanienallee, Stephan Mahler und Yvon Jansen drücken eine Dringlichkeit aus, die anstatt aufgesetzt zu wirken, übers Ohr in allererster Linie ins Bein geht.

Denn textlich grenzt das, was es auf "Jamaica" zu hören gibt, manchmal an Dada. Jens Rachut und Yvon Jansen singen dabei mit herrlich rauhen Stimmen, jetzt kann man vermuten, woher sich Turbostaats Jan Inspiration holt. Auch Trend hört man hier und da trapsen.

Dass hier trotz allem jederzeit auf hohem Niveau getextet wird, beweist beispielsweise "Caligula", in dem es wohl um den gleichnamigen, exzentrischen Kaiser Roms geht. Musikalisch sind Kommando Sonne-nmilch sowieso über jeden Zweifel erhaben. Und das, obwohl sie ganz offensichtlich für DIY und Dilletantismus ein ganzes Fahnenmeer hoch halten.

Das dritte Album der Kommandeure verspricht nichts und hält alles: Sechunddreißigeinhalb Minuten lang geht es Frei-von-der-Leber-weg quer durch den Punkrock-Rosengarten. Und wenn man sich nach zwölf Stücken immer noch fragt: "Soll das jetzt Kunst sein?", räumt "Stand Der Dinge" alle Zweifel aus. Klar ist es das!

Obacht Vinylfans: Dieses fantastische Cover kann man jetzt auch dank dem Major Label (Broken Silence) im Großformat erstehen. Play it on 33 1/3!

Auch wenn Bandname, Albumtitel und Cover-Artwork (grün-gelb-rote Schrift!) durchaus die Vermutung nahe legen, dass es sich bei dieser CD um ein Erzeugnis im Umfeld des "Sunshine Reggae" handeln könnte, wird die eigentliche Stoßrichtung spätestens nach den ersten drei Sekunden klar. Hier gibt es Punkrock auf die Ohren, dass sie nur so schlackern.

Schließlich steckt hinter dem Kommando Sonne-nmilch eine Art Allstar- Team aus bekannten Punklegenden. Gesungen wird von Jens Rachut (Dackelblut), Drummer ist Stephan Mahler (Slime), die Gitarre spielt Andreas Ness (Oma Hans) und den Bass bedient Ronny Kastanienallee. Außerdem singt noch Theaterschauspielerin Yvon Jansen mit.

Nicht mehr dabei, obwohl er an der ersten Platte maßgeblich beteiligt war, ist Brezel Göring von Stereo Total. Dafür übernahm die Produktion des Ganzen Tobias Levin, der auch schon Schrottgrenze und Kante den letzten Schliff gab. Ist aber alles auch eigentlich nicht so wichtig, denn was bei Kommando Sonne-nmilch vor allem zählt, sind die eigenwilligen Texte von Jens Rachut.

Los geht es mit 'Die Holzfäller', die folgendermaßen beschrieben werden: "Sie sind kräftig, manchmal feige - und haben kein Verstand/ Zeckenbisse an den Beinen - und sind ganz wenig krank/ Sie sägen weg die Wälder und kriegen fast kein Geld/ Ronny, Andy, Peter - das ist ihre Welt!"

Ein bisschen erinnert das an den 'Holzfäller'-Song von Monty Python, wobei die englischen Komiker den eindeutig lustigeren Text geschrieben haben: "Ich fälle Bäume und hüpf und spring. Steck Blumen in die Vas'/ Ich schlüpf in Frauenkleider und lümmele mich in Bars!"

Was genau Jens Rachut uns mit seinem Stück sagen will, ist unklar. Deutlicher wird er dagegen zum Beispiel bei 'Caligula': "Weg mit dem Geländer - Schluss mit dem Senat/ Das Ende für die Führer. Mal sehen, was da kommt."

Auch 'Kranke Geister' dürfte nicht allzu schwer interpretierbar sein, schlägt es doch in eine ähnliche Kerbe wie einst 'Gummiwände' von Oma Hans, die damit ihren Unmut über die musikalische Entwicklung der Gruppe Kettcar ausdrückten. Bei Kommando Sonne-nmilch nicht so beliebt sind jedenfalls die Berufsflenner: "Traurig wird es immer. Dann kamen kranke Geister. Nur ungenau verstehst du, was sie wollen/ Aufgebahrt in deiner Psyche - einer viel zu langen zeit. Heul nicht, wenn es nicht mehr geht!"

Ruppig werden solche Analysen runter geknüppelt. Im Durchschnitt nehmen sich Kommando Sonne-nmilch keine drei Minuten Zeit, um ihren Standpunkt klar zu machen. Das da natürlich Fragen offen bleiben, ist klar. Ist "10-1-0 System" vielleicht doch ein ernstzunehmender Taktikvorschlag als Reaktion auf die letzte WM? Geht es beim 'Schwan', der tot im Graben liegt, möglicherweise doch um die Vogelgrippe? Aber sein Tod "...hat nichts zu sagen", heißt es.

Wahrscheinlich ist der Schlüssel zu dem Ganzen doch das Stück 'Stand der Dinge', mit dem sich Kommando Sonne-nmilch am Ende der Platte verabschieden: "Sind kaum da. Schlecht gelaunt. Kleine Bande unbenannt/ Und wir scheißen auf die Szene. Und wir scheißen auf den Stand der Dinge/ Was mal wird, was mal war, das war nie unser Ziel/ Und so donnern wir durch den Arsch der Zeit - das bedeutet uns ganz schön viel." Okay, weiterdonnern!

Zwei mal Punk auf Deutsch. Alle beide eigentlich schon immer lieb gewonnen; jedoch – für mich als doof/bequemen Freund des Digitalen - leider bislang nur auf Vinyl ohne erhöhten Aufwand zu erwerben. Konkreter Anlass für meine Freude: D.H. mit einem weiteren Versuch, auf ihr enormes Talent aufmerksam zu machen. Diesmal endlich auch via CD. Sowie Album Nummer drei von Kommando Sonne-Nmilch: Aktuelles, wenngleich nicht mehr ganz so neues Projekt von Sänger Jens Rachut (ex-Dackelblut, Blumen Am Arsch Der Hölle, Oma Hans) mit wechselnder Mann- bzw. Frauschaft. Ebenfalls in analoger wie digitaler Verfassung.

"Versuch über Förmchen" heißt der Einstieg ins dritte D.H. Album: Ein wunderbar rockender Punksong, der sofort meine über Jahre gereifte Sympathie für die Herren zurück in Erinnerung ruft. Im weiteren Verlauf der zehn Tracks: Große Melodien, raue Produktion, herrlich melancholische, manchmal schiefe Gesänge von den Gitarristen Lars und Ecki. Welche zu zweit eine, zum famosen Titel entsprechend passende, lupenreine Zitathölle kreieren. Zu welcher sich konzeptionell passend das famose Layout im "Käpt’n Blaubeer"-Style fügt. Soweit also alles euphorisch? Fast. Irgendwie verlieren sich die Leipziger nämlich nach ihrem verschollenen Meisterwerk "Der Mann der barfuss Funken schlug" (hallo, digitale Version?) erstmals in zu viele Sperenzchen. Vor lauter Effekten, Samples und Chören (!) kommt der Song leider vereinzelt etwas zu kurz. Doch weil die Highlights eben wieder so zwingend und zahlreich sind: Mehr als ein Grossteil der anderen muttersprachlichen Punkrocker haben D.H. nach wie vor zu bieten.

Sperenzchen? Das kann und wird Kommando Sonne-Nmlich - ausgerechnet aus Hamburg - nicht passieren. So direkt und auf den Punkt steuert das Musiker-/Schauspieler-Projekt um Rachut mit Slime-Schlagzeuger Stephan Maler, Ronnie Kastanienallee (Bass) sowie Sängerin Yvon Jansen in Hirn und Hüften der bundesdeutschen Punkrock-Gemeinschaft. Offenbar immer brav bemüht darum, jeglichen potentiellen Wiedererkennungswert mit der Namensgebung im Keim zu ersticken.... Dennoch, über weite Teile bleibt auch auf "Jamaica" alles beim Alten. Soll heißen: Wir hören Dackelblut, Oma Hans. Gerne auch Turbostaat. Vielleicht ein wenig facettenreicher. Oder, anders: Mitreißender, ehrlicher und aparter als diese 13 Songs kann man Punkrock wohl nicht, tja, leben. Produziert hat Tobias Levin; doch der Dreck bleibt auch beim dritten Album unter gleicher Flagge haften. Nach dem akustischen Ende "Stand der Dinge" hat man dann plötzlich das Gefühl, etwas Großem beigewohnt zu haben. Der Schein des phänomenalen Coverartworks trügt also nicht… Notiz am Rande: Majorlabel haben die vergriffene Debüt-LP wieder aufgelegt. Natürlich nur auf Vinyl. Hach.

Das dritte KOMMANDO SONNE-NMILCH-Album ist da. Wirken tun hierauf Andreas Ness, Ronnie Kastanienallee, Stephan Mahler, Yvon Jansen und natürlich Jens Rachut, der uns eigenwillig seine Texte um die Ohren haut. Also Leute, die teilweise auch schon bei OMA HANS, DACKELBLUT, BLUMEN AM ARSCH DER HÖLLE, ANGESCHISSEN oder auch SLIME tätig waren. Das Hamburger Kommando legt nun also einen nach. Schönes, buntes Plattencover, bunt bedruckte Innenhülle mit handschriftlich gekritzelten Texten und solides, schwarzes Vinyl. Wen die Klänge der letzten Werke vielleicht etwas abgeschreckt haben sollten, sei gesagt: Musikalisch gibt es Punk Rock. Und zwar weniger experimentell als sonst. Vom Sound her also eingängiger als beim letzten Album, aber trotzdem natürlich auch absolut was für all jene, die die letzten Scheiben mochten. Denn textlich geht es mal wieder schräg, ungewöhnlich und konfus zur Sache. 13 Stücke mit Titeln wie "10-1-0 System", "Das Verhör" (Anspieltip), "Kranke Geister" oder "Stand der Dinge" warten auf ihre Hörerschaft. Die Käufer des Werkes wissen wohl eh bescheit. Das ganze ist erhältlich auf LP sowie auf CD. So, und wir beenden diese Besprechung für die Ultra-Fans des Kommandos nun ausnahmsweise mal folgendermaßen, da es bei der Vinylversion anscheinend fehlt: 300gr Mehl, 20gr Hefe, 60gr. Butter, 5 Eigelb, Salz, 3 Esslöffel Gin, 1 Zitronenschale (abgerieben), 125ml Milch, 150gr Marmelade, Öl.

Angst macht keine Lärm. Wie die Sterne nur selten im vollen Glanz zu sehen und trotzdem allgegenwärtig. Jedes Fass läuft mal über. Jeder Glaube ist mal voll. Weltschmerz? Weltekel. Warum ist das so? Und so wird’s auch immer sein. Denn Kinder kriegen Kinder, was ist denn schon dabei? Stumpf und fertig hängen wir den ganzen Tag im Bett. Das Gute am Leben zieht an uns vorbei. Es sieht aus wie die lustigen Sammelbilder von Ernst Kahl. Ein Film von Ulrich Seidl.

Trotzdem Hoffnung. Sie ist in Wahrheit das übelste der Übel, weil sie die Qual der Menschen verlängert. Christ du alter Irrtum, deine Beine sind zu kurz. Gott wird es nicht richten können. Denk dir etwas anderes aus. Ist mir doch scheißegal. Ihr Christen seid doch viel zu nett - oder ihr seid zu brutal. Ohne Sinn vermehrt ihr euch. Und gottseidank zerstört ihr euch. Eine Naturkatastrophe nur für Deutschland, alles sollte hier mal endlich explodieren. Warum haben wir keinen Vulkan, der kotzen muss wie ich? Ausdruckslos und starr sitze ich auf meinem Weinfass und harre der Dinge. Die Gesellschaft ist Schuld, dass ich so bin. Und ist für immer in mir drin. Was weiß sie? Alles, was man von außen wissen kann, das heißt: nichts.

HERR DOCTOR, ICH WEISS AUCH NICHT. ES IST NE ART BELAG. ERSCHWERT MEIN GANZES LEBEN. DIE NERVEN LIEGEN BLANK. ES IST KEINE FREUDE AUFZUSTEHEN. GESPRÄCHE FALLEN MIR SCHWER. DER MENSCH AN SICH DER MACHT MIR RICHTIG ANGST.

(Die Ermahnung zur Happiness, in der der wissenschaftlich lebemännische Senatoriumsdirektor mit den nervösen Propagandachefs der Vergnügungsindustrie übereinstimmt, trägt die Züge des wütenden Vaters, der die Kinder anbrüllt weil sie nicht jubelnd die Treppe hinunterstürzen, wenn er misslaunisch aus dem Geschäft nach Hause kommt.)

Zerfressen von der Liebe. Doch beide tun so, als ob nichts los ist. Schüchternheit? Vernunft? Eisangeln? Hör’n wir auf uns zu verarschen. Es war ne garstig schöne Zeit. Und alles was gebrochen ist tut weh. Doch dann ist es endlich wieder Tag. Dem Arsch der Hölle nochmal entkommen. Ich glaube jetzt ich schaff es. Ich scheiß auf Sie. Es gibt Millionen von Ihnen. Und Reden ist jetzt silber und Schweigen ist es auch. MesserimBauchMann.

Hurra. Lass uns gehen, es ist egal. Der Tod, mit dem wir auf jeden Fall zu leben haben, sobald wir älter werden, der in uns wächst und als angor sich fühlbar macht oder von außen uns droht, der Tod wird hier herangerissen. Strangulieren tut überhaupt nicht weh. Du lässt dich fallen. Du fliegst. Du fällst wie ein Stein. Ein irres Kichern, ein Sausen in den Ohren. Warum weiterleben? Die Frage ist berechtigt. Es gibt nichts, wofür es sich lohnt zu Sterben. Darum sind wir hier, das ist warum ich bleibe. Mach es nicht wahr. Geh in die Schonung. Sei wie ein Igel. Irgendwann ist man wieder auf Null. Dann ist die Scheißzeit endlich vorüber.
Und das ganze war ein Leben, eine wunderschöne Qual.

(Blumen am Arsch der Hölle, Angeschissen, Dackelblut, Oma Hans, Kommando Sonne-nmilch, …But Alive, Terrorgruppe, Améry, Adorno ,Nietzsche)

Nach dem Ende von Oma Hans wurde das ehemalige Nebenprojekt von Jens Rachut, Kommando Sonne-nmilch, zu seinem neuen Hauptprojekt. Mit dabei ist ürbigens auch Stephan Mahler, der schon bei Slime hinter dem Schlagzeug saß. Nach zwei Longplayern erscheint jetzt auf dem Major Label mit "Jamaica" das dritte Album der Band. Die CD-Version erschien ursprünglich auf Buback, wird aber jetzt auch vom Major Label übernommen, da Buback ohne Absprache mit der Band einen Song auf den Spex-Sampler gepackt hat.
Vergleichbar ist das neue Album jedenfalls eher mit Oma Hans, als mit ihren bisherigen Veröffentlichungen. Hier gibts druckvollen Punk-Rock mit den typisch zynisch und total humorvollen Rachut-Texten. Wer nicht weiss, dass dieses Album von Kommando Sonne-nmlich ist, würde sicherlich auf ein neues Oma Hans Album tippen. Aber warum sollte Jens Rachut auch andere Musik machen, wenn alle Veröffentlichungen von ihm super sind, egal mit welcher Band? Mir ziemlich egal ob einige die Mucke mittlerweile ausgelutscht finden, mir gefällt sie super. Gut steht der Band auch der wechselnde Gesang zwischen Yvon und Jensen. Einzelne Anspieltipps zu nennen, fällt hier schwer, da wirklich kein schlechter Song auf der Platte zu hören ist. Besonderes Schmankerl sind natürlich die genialen Texte, wobei ich hier gleich mal aus dem Song "10-1-0 Sytem" zitieren muss: "Wenn die Deiche halten - kann man sich wieder mal auf was verlassen - wie auf Kriege - und 4-lagiges Toilettenpapier" oder "Das Unsichtbare hält uns davon ab - in Löcher zu springen - die dunkler und tiefer sind - als der alte Arsch eines Gorillamännchens".
Super gelungen auch wieder die Aufmachung. Neben dem genialen Cover kommt die Platte inkl. bedruckter Innentasche mit den Texten ... wobei die handschriftlichen Texte nicht leicht zu lesen sind. Aber das spielt auch keine Rolle, da die Texte gut zu verstehen sind.
Nach der neuen Bombenalarm LP für mich die beste Veröffentlichung einer Band aus Deutschland in diesem Jahr. Wer die bisherigen Rachut Bands Dackelblut, Blumen am Arsch der Hölle oder Oma Hans mag, kann hier bedenkenlos zugreifen!

Er ist einfach nicht totzukriegen, dieser Jens Rachut. Mittlerweile fünfzig Jahre alt, hat der gute Mann sich auf unzähligen Theaterbühnen, als Hörspielautor und vor allen Dingen als Sänger diverser Hamburger Punkbands verdingt. Nachdem im letzten Jahr das Projekt Oma Hans nach fünf erfolgreichen Jahren für beendet erklärt worden war, ging es umgehend daran das Kommando Sonne-Nmilch wiederzubeleben.

Neun Jahre nach dem Schiffen- Debüt Denk Doch Mal An… erscheint also mit Jamaica ein weiteres Album der Hamburger, die sich diesmal neben dem alten Jensen aus Drummer Stephan Mahler (Slime), Gitarrist Andreas Ness (Oma Hans) und Bassist Ronny Kastanienallee zusammengesetzen. Musikalisch geht es vereinfacht gesagt dort weiter, wo bei Oma Hans aufgehört wurde. Produziert vom allmächtigen Tobias Levin, der sonst für feine Gitarrenklänge bei Tocotronic oder Kante zuständig war, erwartet uns von Beginn an grandios scheppernder Punkrock, der dem eigenwilligen Gesangstil von Jens Rachut ein gutes Polster bietet. Wie immer bleiben die Texte häufig im unklaren Bereich und lassen sich, bis auf einzelne Fragmente kaum interpretieren. "Wir bedanken uns für die Höflichkeit / ohne uns zu unterbrechen zuzuhören / Weg mit dem Geländer / Schluss mit dem Senat / Das Ende für die Führer / mal sehen was da kommt." ist da noch mehr als deutlich zu verstehen.

Wer also schon immer mal über Bremen, Zürich und Karlsruhe nach Jamaica wollte, der sollte unbedingt bei Kommando Sonne-Nmilch buchen. Der Reiseveranstalter sponsert dann nämlich sogar noch ein leckeres Krapfenrezept im Digipack dazu. Eine schöne Platte – und das sogar wortwörtlich auch beim Jenaer Major Label auf Vinyl erhältlich.

Jens Rachut ist so etwas wie die graue Eminenz des Deutsch-Punk. Die Zahl der Bands mit seiner Beteiligung, Bands, die heutzutage furchtbar altmodisch klingende Begriffe wie Relevanz, Haltung, Underground auf sich vereinten, ist Legion: Angeschissen, Blumen am Arsch der Hölle, Dackelblut, und, allen voran: Oma Hans. Nach dem Ende der Oma im Frühjahr des letzten Jahres rückt nun eine weitere der "Jensen-Bands" in den Fokus: Kommando Sonne-nmilch.

1998 von Rachut und Bretzel Göring (Stereo Total) als reines Studioding ins Leben gerufen, hat es sich schnell von seinen elektro-akustischen Anfängen, dem Kabarett oft näher als dem Punk, entfernt. Göring ist auch nicht mehr dabei. Dafür Stephan Mahler (Slime), Andreas Ness, ( Dackelblut, Oma Hans) und Ronny, der schon zuletzt bei Kommando Sonne-nmilch spielte.

Damit wir uns Recht verstehen: Wenn hier Deutsch-Punk steht, ist damit keinesfalls das formatierte Eins-Zwo-Drei-Vier-Los gemeint, das derlei Musik in aller Regel auszeichnet. Was vor uns liegt, ist die neben Tocotronic womöglich wichtigste deutschsprachige Platte des Jahres. Bei allen Unterschieden im Ansatz sind sie auch inhaltlich nicht so weit voneinander entfernt. Kein Zufall, dass Buback nicht nur Kommando Sonne-nmilch, sondern auch die Vinylversion von Tocotronics "Kapitulation" herausbringt. Wo bei diesen Rückzug und Verweigerung herrschen, thematisiert "Jamaica" vor allem Zerissenheit, und die eigene Machtlosigkeit angesichts betonharter Verhältnisse. Der Sound, von Tobias Levin kongenial aufgenommen, unterstreicht jenes Moment. Schneidende Gitarren treffen auf Momente des Atemholens treffen auf diese besondere Moll-Affinität Rachuts.

Die Jagdszene, die das Cover zeigt, ist eine Variation des alten Diktums Thomas Hobbes’. Der Mensch, der des Menschen Wolf sei, wird hier zum Fuchs: Ein Fuchs, im Schneetarnanzug vor einer Winterkulisse, ein Jagdgewehr haltend, posiert vor einer Reihe fein säuberlich aufgehängter – Sie ahnen es – Füchse. Wo Hobbes freilich über die Geschichtlichkeit der Verhältnisse, ihre Gewordenheit irrte, in dem er das Wesen des Menschen, von einem vorgesellschaftlichen Naturzustand ausgehend, als wölfisches fixierte, das erst innerhalb der Gesellschaft zu bändigen sei, wissen Kommando Sonne-nmilch darum, dass das Gegenteil der Fall ist: Erst innerhalb der Gesellschaft – die man hier gerne kapitalistisch nennen darf – erscheint das Wölfische als wesenhaft. Alle sind gleich, zu Wölfen respektive Füchsen gemacht, Jäger wie Gejagte, gleich unterm Rad des Marktes und des Konkurrenzprinzips.

Was eingedenk der eigenen Ohnmacht vor den Verhältnissen bleibt, sind die Fragen, die Rachut zu stellen nicht müde wird: "Ihre Gesten und ihre Sprache + die Ziele, für die sie stehen / Erklären Sie' s mir - sonst verlier ich den Verstand / Sei ehrlich Doc - zwei Wege gibt's / Mit viel Hoffnung vielleicht 3 / Und rein in die Soße will ich nicht / Nicken, Knicken, Arschrasur / Karriere Anfang - Klick - Hochzeitsbilder - Kinderhort - was soll das Doc / Was soll der ganze Mist?" Die Antwort bleibt aus. Es ist die Frage, die zählt. Das Nicht-Einverstanden sein. Was sonst bleibt, ist die Möglichkeit, Krapfen zu backen – im Digipack gibt es ein herrliches Rezept dafür.

Wem das alles zu politisch ist, nun, "Jamaica" ist natürlich auch eine schlicht geile Punk-Platte. Was sie aber besonders macht ist, was noch alle Rachut-Platten ausmachte: Sie vereinen furchtbar altmodische Begriffe wie Relevanz, Haltung, Underground auf sich. Wem das nichts bedeutet, ist selber schuld. Und sowieso nicht Punk. Noch nicht mal nahe dran.

Dackelblut sind tot, Oma Hans sind tot, es lebe das Kommando Sonne-nmilch (diese Schreibweise ist so gewollt)! Dieser Vergleich kommt nicht von ungefähr, gibt hier der Sänger der beiden verblichenen Bands sein Bestes. Ebenfalls sind mit Andreas Ness an der Gitarre (ehemals Dackelblut, Oma Hans) und Stephan Mahler am Schlagzeug (ehemals Slime, Angeschissen) alte Hasen dabei. Komplettiert wird die Band dann mit Ronnie am Bass und Yvon am Gesang. Es ist also klar, was für Musik das Kommando zum Besten gibt, nämlich Punk mit deutschen Texten, die zynisch, humorvoll und nachdenklich sind, in dem Sinne, das die Songs nicht gleich beim ersten Hören zu verstehen sind. Die Scheibe wird aber trotzdem nicht langweilig, im Gegenteil, das Kommando gibt gut Gas und schafft es die CD kurzweilig zu halten. Klasse!

Neben der CD wird auch noch eine LP, extra schwer, also 180 Gramm, 4-farbig bedruckt und das Cover auf fettem Karton. ( 2+ )

Der König ist tot, es lebe der König! Die letzte Trauer um das Auflösen der Hamburger Punkband Oma Hans ist noch nicht ganz verflogen, da erscheint der dritte Longplayer von Jens Rachuts Projekt KOMMANDO SONNE-NMILCH. Die ersten beiden Platten waren noch ziemlich experimentell und oft sehr elektrisch, ob man diese Tradition auf Jamaica fortsetzt, klären wir in dieser Plattenkritik.

Die Besetzungslise liest sich wieder wie die eines äußerst interessanten Hamburger Punkprojektes: Dda haben wir Jens Rachut (Dackelblut, Blumen am Arsch der Hölle, Oma Hans), Stephan Mahler (Slime, Angeschissen) und Andreas Ness (Oma Hans, Dackelblut). Dazu kommen dann noch Ronnie Kastanienallee am Bass und Yvon Jansen die hier und da mal am Gesang einspringt.

Wenn die Deiche halten kann man sich wiedermal auf was verlassen wie auf Kriege oder auf 4 lagiges Toilettenpapier

Waren die ersten beiden Platten eher durch monotonen elektrischen Hintergrund-Sound und den Sprechgesang von Jens geprägt, so knüpft man mit Jamaica viel mehr wieder da an wo Oma Hans aufgehört hat, man spielt nun wieder warmen schnellen aggressiven Punkrock, abseits des 3 Akkorde Klischees. Alles in allem wirkt die Platte sogar etwas härter und kompromissloser als Oma Hans, doch fühlt man sich hier direkt zuhause.

Der Mensch ansich Der macht mir richtig Angst! Ihre Gesten und ihre Sprache + die Ziele, für die sie stehen. Erklären Sie's mir - sonst verlier ich den Verstand!

Dazu serviert man dann noch die wie immer genialen Texte von Herrn Rachut, die ich hier nun zu tode zitieren könnte und es deshalb ganz einfach lasse ;) Kenner wissen, dass sie aber bei seinen bisherigen Projekten immer den besonderen Reiz ausgemacht haben. Daran hat sich auch bei Kommando Sonne-nmilch nichts geändert.

Anspieltipp:
Die ganze Platte bzw. wenn ich mich festlegen muss: DAS VERHÖR

Aufmachung:
Sehr schickes Cover, daher kommt die CD im Digipack und es gibt ein Booklet mit den Texten in Handschrift, dadurch nicht perfekt lesbar leider.

Fazit.
Großartige Scheibe, gute Musik, geniale Texte, stimmiger Gesang mit einer gehörigen Portion Aggressivität und Hass, das ganze sauber produziert von Tobias Levin, da bleiben keine Wünsche offen, außer evtl. der nach einem Krapfenrezept und selbst das liefert die Platte! Jamaica läuft hier noch weiter regelmäßig im Player!

Es wurde ja viel gerätselt, was nach dem Ende von DACKELBLUT (was wohl gar nicht so endgültig ist) alles passieren würde, und es ist einmal mehr Sänger Jensen, der als erster mit seinem neuen Projekt (?) an die Öffentlichkeit tritt. Ein paar Informationen flossen, aber sie flossen spärlich, so kann ich nur vermelden, dass noch jemand von STEREO TOTAL mit die Finger im Spiel hatte, es sonst aber Jensen solo ist.
Ich vermute, dass er nach seinen konzeptionell ähnlichen Bands der Vergangenheit etwas anderes machen wollte, um nicht "stehen zu bleiben", sondern neue Wege zu gehen. Das fängt beim Format an, diesmal CD only, und hört bei der Musik auf.
Wer jetzt denkt, dass KOMMANDO SONNENMILCH ein unhörbarer Egotrip ist, liegt aber völlig falsch. Waren DACKELBLUT sehr songorientiert und hätten auch ohne Gesang funktioniert (eine Rockband eben - wenn auch eine gute), so gehen bei KM Texte und Musik besser ineinander über, oft dient die Musik, teils sehr minimalistisch elektronisch, nur zur Akzentuierung der Worte und hält sich sonst sehr im Hintergrund.
Dafür wirken nach einem ruhigen Track, die punkigen Sachen, die allerdings in der Minderheit sind, umso heftiger und eindringlicher.
Textlich bleibt uns dabei dieser melancholische Zynismus erhalten, für den man Jensen echt knutschen könnte. Ich will jetzt nicht anfangen wer und was "punk" ist und wer nicht, aber bevor so manches andere "punk" ist, ist es KOMMANDO SONNENMILCH schon längst, auch mit wenig Gitarren.

Jetzt gibt es die erste KOMMANDO SONNENMILCH also doch noch auf Vinyl. Das freut den kleinen Plattensammler. Wer es noch nicht weiß: Das hier ist ein weiteres Projekt von Mr. ANGESCHISSEN-BLUMEN-AM-ARSCH-DER-HÖLLE-DACKELBLUT-OMA-HANS-Jensen und Kollgen. Allerdings braucht es hier ein noch etwas weiter gefasstes Punk-Verständnis um als Punkrocker auf seine Kosten zu kommen. Elektro-Trash, teils mehr spoken words als Gesang, Noise, mal sägende Gitarren, mal monotone Beats. Dazu der übliche, recht eigenwillige Humor ("my girlfriend is a horse") und die schwer sympathische Angepisstheit, wie in "es gibt keinen weihnachtsmann". Zweifelsohne der Hit der Platte und genauso brillant wie das Stück mit der Arche auf der zweiten OMA HANS-LP. Natürlich auch Melancholie und Verzweiflung. Ganz groß.

Bei Kommando Sonne-nmilch handelt es sich um ein Projekt von Jens Rachut alias Bernhard Schlauch (Ex-Angeschissen, Ex-BlumenAm Arsch Der Hölle, Ex- Dackelblut) am Gesang und Brezel Göring alias Hartmut Jawuräk (Stereo Total), hauptverantwortlich fürdie Musik. Die hier vorliegende LP ist die Neuauflage des ersten Albums, das 1998 in einer norwegischen Hütte aufgenommen wurde und ursprünglich nur als CD erschien. Musikalisch gibts hier auf jeden Fall nicht das typische Jensen Programm, sondern etwas ganz anderes. Zwar gibts auch bei Kommando Sonne-nmilch die typischen Texte, das Ganze wird aber mit irgendwelchen Samples, elektronischen Klängen und Synthesizer. Auf jeden Fall etwas gewöhnungsbedürftig und wird sicherlich nicht jedem gefallen. Ich kann nur mal empfehlen reinzuhören. Entweder man liebt die Band oder man hasst die Band, was dazwischen gibt es nicht ... sehr experimentell das Ganze ...Aufmachung der LP ist auf jeden Fall sehr schick geworden. LP kommt in dickem Vinyl und inkl. bedruckter Innenhülle. Dazu gibts auch wieder ein selbstgezeichnetes Cover.

Das 1999 auf Schiffen erschienene und seit langem ausverkaufte Debüt von Kommando Sonnenmilch ist jetzt wieder erhältlich - noch dazu erstmals auf Vinyl! Damals schrieben wir dazu: "Nach dem Dackelblut Split hat Jensen u.a. mit Brezel Göring von Stereo Total Kommando Sonnenmilch gegründet. Musikalisch hat das rein gar nichts mit dem üblichen Hamburg Punk a la Dackelblut, Angeschissen, Blumen Am Arsch der Hölle usw. zu tun. Stattdessen tüfteln und frickeln die beiden hier mit Sounds aus billigen Synthies, Samplern und ähnlichem an seltsamen elektronischen Kollagen, die mich unbedarften Hörer entfernt an Trio (?) oder DAF erinnern. Sehr weird und ungewohnt - definitiv nur dem mutigen Käufer empfohlen. Das nennt man wohl kommerziellen Selbstmord und damit ist das wohl wieder mehr "Punk" als 99% der Sachen in dieser Liste!" *Major Label, 2005

Nein der Typ hat sich nicht verschrieben. Die heißen wirklich "Kommando Sonne-nmilch". Es handelt sich hierbei um ein Projekt von Ex-Mitgliedern von z.B. "Angeschissen", "Oma Hans", "Blumen am Arsch der Hölle". Aber damit hat diese Scheibe nun wirklich nichts gemeinsam. Was man hier hört ist einfach nur krank. Mit Punk hat das recht wenig zu tun, schon eher mit Elektro-Pop, aber mit geringstem Instrumenteneinsatz und meist mit Sprechgesang. Titel wie "My Girlfrind is a Horse" oder "Labskaus in der Tube" lassen schon erahnen worum es in diesem Album geht. Kunst. Das hier ist einfach nur Kunst und keine Musik. "Denk doch mal an deine Familie, wenn sie reinkommt, weil du vergessen hast abzuschließen" ( * Major Label ).